Im Jahr 2024 wird die dritte Stufe der Grundsteuerreform umgesetzt, in der die Kommunen die Hebesätze für die neue Grundsteuer festlegen. Laut den Erläuterungen im Haushaltsplan 2024 zur Grundsteuer A und B strebt die Stadt Gerlingen im Rahmen der Grundsteuerumstellung im Jahr 2025 an, keine höheren Steuereinnahmen zu generieren und will einen Hebesatz so justieren, dass das Gesamtaufkommen der Grundsteuer unverändert bei 3,762 Mio€ bleibt. Es wird dort weiter ausgeführt, „wie bei jeder Reform wird es aber – so viel ist heute sicher – Gewinner und Verlierer geben“.
Wer zu den Verlieren und Gewinnern zählt, lässt sich bereits heute an der festgesetzten Grundsteuermesszahl auf den 01.01.2025 im Vergleich zur bisherigen Steuermesszahl abschätzen. Potentielle Verlierer sind in jedem Fall Grundstücks- und Wohnungseigentümer, deren Wohngebäude (EFH, DHH, RH, ETW) ein Grundstücksanteil von ca. 1,5 bis 2 a zugerechnet wird. In diesen Fällen hat sich, je nachdem, wo das Grundstück auf der Gemarkung liegt, die Grundsteuermesszahl reformbedingt in etwa verdoppelt und - je größer das Grundstück ist - sogar vervielfacht. Damit bei einer Verdoppelung der Messzahl die Grundsteuer für den Eigentümer zukünftig gleich bleibt, müsste sich also der Hebesatz, der in Gerlingen derzeit 360 Prozent beträgt, halbieren.
Gewinner der Reform sind Grundstückseigentümer, deren Grundsteuermesszahl sich zum 01.01.2025 gegenüber der bisherigen Messzahl vermindert hat oder gleich geblieben ist. Dies sind in Gerlingen zunächst Eigentümer von Eigentumswohnungen in größeren Wohnkomplexen und das ist gut so. Die weiteren Gewinner sind erstaunlicherweise aber Eigentümer von aufwändig bebauten Gewerbegrundstücken. In dieser Gruppe gibt es viele Fälle, bei denen sich die neue Grundsteuermesszahl gegenüber der bisherigen deutlich vermindert hat. Bei einem dann noch verminderten Grundsteuerhebesatz können sich die Eigentümer einer Gewerbeimmobilie bereits jetzt auf eine deutliche Ermäßigung bei der Grundsteuer freuen.
Die Begünstigung von Gewerbe- gegenüber Wohnimmobilien bei der Grundsteuerreform ist neben allen anderen verfassungsrechtlichen Problemen eine weitere – bisher wenig beachtete - Schwäche des in Baden-Württemberg als einzigem Bundesland praktizierten modifizierten Bodenwertmodells. Einer der wenigen, der auf die Begünstigung von Gewerbeimmobilien öffentlich hingewiesen hat, war der Pforzheimer Oberbürgermeister Peter Boch (CDU), der sich in einem offiziellen Statement der Stadt Pforzheim vom 13.06.2023 zur Umsetzung der Grundsteuerreform zwischen den Zeilen bei den Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern, die in der Regel mit einer starken Erhöhung der Grundsteuer rechnen müssen, dafür entschuldigt hat. Der Verwaltung seien jedoch bei der Umsetzung der Reform die Hände gebunden.
Da sich die Bodenrichtwerte zwischen Gewerbe- und Wohngebieten immer deutlich der Höhe nach unterscheiden und die wesentlichen Parameter zu Berechnung der neuen Grundsteuer eben nur der Bodenrichtwert und die Grundstücksgröße sind, muss den Steuerkundigen im grüngeführten Finanzministerium eigentlich bewusst gewesen sein, dass solche Fehlentwicklungen eintreten. Es ist ein politischer Skandal, die Dinge so laufen zu lassen. Da die Eigentümer von Wohnimmobilien im Rahmen der Aufkommensneutralität die Grundsteuerersparnis bei den Gewerbeimmobilien ausgleichen müssen, wird ohne Not wieder einmal das Wohnen für Familien im Eigentum oder in Miete verteuert.
Robert Bechstein
Schatzmeister
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